Warum es höchste Zeit ist für „Mehrwertführerschaft“ als Unternehmensziel – und nicht „Marktführerschaft“

Die durch das Coronavirus ausgelöste Pandemie, wie wir sie derzeit erleben, und der unübersehbare Klimawandel sollten uns eigentlich mittlerweile zu der Einsicht und Überzeugung verholfen haben, dass wir einen „Kampf“ Mensch gegen Natur einfach nicht gewinnen können. Nichtsdestotrotz sprechen wir weiterhin davon, das Virus „besiegen“ zu wollen. Zudem führt es uns eindringlich vor Augen, wie tiefgreifend der Mensch durch die von ihm geschaffenen Technologien und Infrastrukturen bereits in das ökologische System eingegriffen und wie viele natürliche Barrieren er damit niedergerissen hat.


Wollen wir die für die Gesellschaft und die Unternehmen ebenso kosten- wie verlustintensiven Folgen dieser Eingriffe minimieren – von „abwenden“ kann man ja nicht mehr sprechen –, müssen wir schleunigst damit beginnen, die Wirtschaft und die Art des Wirtschaftens an die Natur anzupassen und von ihr zu lernen. In vielen Bereichen tun wir dies bereits (z.B. bei technologischen Entwicklungen), doch ist das noch lange nicht ausreichend. Zur Verdeutlichung, wie sehr die Zeit drängt, hier einige Wortmeldungen, die der Presse entnommen sind:

„Wir haben in 150 Jahren der Modernisierung die Abhängigkeit von den Naturgewalten gegen die Abhängigkeit von den Technikgewalten eingetauscht, was (…) mit einer immer noch weiter sich steigernden Reglementierung aller Lebensläufe verknüpft ist.“ (Jürgen Dahl, Philosoph)

„Ich glaube schon, dass im Vergleich zu anderen Ländern bei uns ökologisch eine ganze Menge getan wird. Die Frage ist aber, ob es genug ist, um insbesondere die drohende Klimakatastrophe noch frühzeitig genug in den Griff zu bekommen.“ (Lutz Hoffmann, ehem. DIW-Präsident)

„Ich teile die Überzeugung, dass die Anstrengungen, die die westliche Welt macht, wahrscheinlich nicht genügen, um die Klimakatastrophe abzuwehren.“ (Hans-Olaf Henkel, ehem. BDI-Präsident)

„Die Wunderformel (…) heißt ‚sustainable development‘, zu Deutsch: nachhaltige, zukunftsfähige oder dauerhaft umweltgerechte Entwicklung. Denn nach Auffassung der ökologischen Ökonomen verleibt sich der ökonomische Verdauungsapparat schon heute zu viele Rohstoffe ein und verwandelt sie in so gigantische Abfallberge, dass die Selbstreinigungsfähigkeit von Wasser, Luft und Boden überfordert ist. (…) Die Industrie setzt hingegen auf Innovation, Deregulierung und Eigenverantwortung.“ (Fritz Vorholz, Publizist)

„Macht uns wirtschaftliches Wachstum wirklich reicher oder nicht doch ärmer, weil die ökologischen Kosten den Nutzen aus dem Wachstum übersteigen? Ich meine, wir haben diesen Punkt längst erreicht.“ (Hermann Daly, Wirtschaftswissenschaftler)

„Zu dem Konzept des qualitativen Wachstums, das Wirtschaftswachstum auch in den Dienst der Umwelt- und Ressourcenschonung stellt, gibt es keine wirkliche Alternative.“ (Gerhard Voss, ZEW)

 

All diese Zitate entstammen Artikeln in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Und zwar aus den Jahren 1994 und 1995!

25 Jahre sind diese Aussagen diverser Wirtschaftslenker, Verbandsvertreter und Journalisten nun schon alt und haben – bedauerlicherweise – nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Es ist erschreckend, dass wir uns der bedrohlichen Situation schon so lange bewusst sind, dass diverse Schlagworte und Lösungsansätze bereits so viele Jahre im Raum stehen und sich in der ganzen Zeit dennoch so wenig getan hat. Es lohnt sich durchaus, die Zitate noch einmal zu lesen mit dem Wissen um ihre Entstehungszeit.


Wie schon vor 25 Jahren setzt die Wirtschaft auch heute wieder primär auf Innovation und Eigenverantwortung zur Lösung der anstehenden Probleme. Unternehmen, die zukunftsfähig werden oder bleiben wollen, kommen nicht mehr umhin, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die sich von den alten in den entscheidenden Punkten deutlich abheben. Des Weiteren ist es unerlässlich, die Unternehmenskultur so auszurichten, dass die Mehrwertgenerierung auf allen Ebenen der Gesellschaft – inklusive der Umwelt – zum vorrangigen Ziel erhoben wird, statt in erster Linie die GuV und die Dividende im Auge zu haben. Selbst die Forbes-500-Unternehmen haben dies mittlerweile erkannt (lediglich 7 Prozent ihrer CEOs sehen das noch anders).

Das Ausrichten nach der Natur im Geschäftsmodell, eine werteorientierte Unternehmensführung und eine offene Vernetzung und Kooperation werden nicht nur Wettbewerbsvorteile sein, sondern auch für die notwendige Resilienz in der Zukunft sorgen. Die Beteiligung und die Befähigung aller Teilnehmer, Mehrwert für das gesamte System zu schaffen, ohne unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören, das sind die Kernkompetenzen im aktuellen Zeitenwandel und die Erfolgsfaktoren schlechthin für jedes Unternehmen. Die Digitalisierung ist dabei ein unverzichtbares Werkzeug, das es erlaubt, an den neuen Strukturen teilzuhaben, sie ist jedoch nicht das Ziel und schon gar nicht die Lösung.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Reflexion Ihres derzeitigen Geschäftsmodells mit einer ganzheitlichen Sichtweise, die Sie und Ihr Unternehmen deutlich voranbringt.

Ich freue mich auf Ihren Kommentar!

Ihr Alexander Nowroth

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