Cross-Selling: Wie ein Traum Realität wird

Stellen Sie sich vor, Sie könnten 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz aus Ihrem bestehenden Kundenstamm herausholen. Und dies zu marginal höheren Akquisekosten, die beinahe zu vernachlässigen sind. Zu schön, um wahr zu sein?

Kaum einem anderen Thema wird in Vertriebsorganisationen eine vergleichbar große strategische Bedeutung beigemessen, und doch wird es meist auffallend schlecht implementiert: Die Rede ist vom Cross-Selling (kurz: X-Selling). Cross-Selling bedeutet, dass zwei Verkäufer, die verschiedenen Sparten zuzurechnen sind, sich gegenseitig einem bereits bestehenden Kunden vorstellen, um den Umsatz durch den Verkauf von Produkten der jeweils anderen Sparte zu steigern.

Dies ist einer der sichersten und zugleich der günstigste Weg, den Umsatz mit Bestandskunden zu erhöhen – und das bei extrem geringen Akquisekosten und überproportional hoher Abschlusswahrscheinlichkeit. Warum ist dem so?

Der Grund ist darin zu sehen, dass der Kunde bereits eine bestehende Beziehung zu Ihrem Unternehmen hat und nicht erst Vertrauen aufgebaut werden muss (mit den damit verbundenen Kosten).

Die Realität sieht jedoch leider oft so aus, dass man sich auf bestimmte Ziele einigt, eine gemeinsame Pipeline erstellt und dann loslegt. Schnell folgt die Ernüchterung, da die gewünschten Erfolge ausbleiben und das gemeinsame Verkaufen eher von Misstrauen oder unzureichendem Einsatz seitens des Vertriebs geprägt ist. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Im Folgenden zähle ich drei Faktoren auf, die darüber entscheiden, ob das X-Selling ab sofort auch bei Ihnen gelingt:

1. Kultur des Miteinanders

Zahlreiche Unternehmen investieren zunächst einmal viel Zeit darin, SOPs zu erstellen, die den operativen Prozess des X-Sellings beschreiben und Regeln dafür definieren (etwa wer wann die Kundenhoheit behält, wie bezüglich der Bonuszahlungen aus dem gemeinsam generierten Geschäft verfahren wird etc.), und übersehen dabei etwas Entscheidendes: nämlich die nötigen Verhaltensveränderungen anzustoßen und eine Kultur in der Vertriebsorganisation zu schaffen und zu verankern, die ein erfolgreiches und vor allem nachhaltiges X-Selling erst ermöglicht.

Wenn Ihr Unternehmen über verschiedene Divisionen oder Sparten verfügt, die unterschiedlichen Teams zugeordnet sind, die nur allein dieses eine bestimmte Produkt verkaufen, wird es zwangsläufig so sein, dass das eine Team mehr Umsatz als das andere generiert. Das kann vielfältige Gründe haben: eine bessere Marktposition, eine größere Vertriebsteamstärke, bessere Product Features, eine bessere Reputation etc.

Die Mitglieder des umsatzstärkeren Teams werden sich kaum verpflichtet fühlen, dem anderen Team zu helfen. Warum sollten sie das auch, würde es für sie doch nur mehr Aufwand bedeuten!

2. Machen Sie Ihre Mitarbeiter zu einem Teil der Lösung

Der Auftrag muss klar und eindeutig von oben vorgegeben und seine Ausführung unterstützt werden. Hier geht es also um das „Was“. Leider wird jedoch häufig auch das „Wie“ von oben bestimmt, und genau das ist der Kardinalfehler. Es ist unbedingt erforderlich, in einem gemeinsamen Workshop zunächst einmal zu klären, was die beiden Seiten jeweils von dem geänderten Vorgehen haben.
Lassen Sie das „Wie“ später durch die von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiter definieren! Diese können in den allermeisten Fällen viel besser einschätzen, was in der Zusammenarbeit funktioniert und was nicht, da sie sich untereinander bereits lange kennen.

Cross-Selling-Traum-Realität
Cross-Selling-Traum-Realität

Das umsatzstärkere Team kann beispielsweise von dem schwächeren Team profitieren, indem dieses die Bestandskunden mit pfiffigen neuen Produktideen überrascht. So kann es aus dem ohnehin schon großen Kunden einen noch diversifizierteren Kunden machen und vor allem die Abhängigkeit der einen Sparte reduzieren. Covid-19 hat uns unmissverständlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, nicht nur von einer Sparte abhängig zu sein und dadurch eine erhöhte Resilienz zu erreichen.
In dieser Phase ist es besonders wichtig, skeptische Mitarbeiter möglichst früh mit ins Boot zu holen.

Geben Sie ein eindeutiges Ziel unmissverständlich vor und koppeln Sie dieses an klare KPIs!

Wenn sich bestimmte Mitarbeiter weiterhin als renitent erweisen, ist die grundsätzliche Frage angebracht, ob diese lieber ihre eigene Agenda verfolgen als die Ihres Unternehmens, und zu prüfen, ob sie überhaupt mit Ihrer Unternehmenskultur kompatibel sind.

3. Überprüfen und „updaten“ Sie regelmäßig Ihren X-Selling-Prozess

Stellen Sie sich Ihren neuen X-Selling-Prozess wie ein MVP (Minimum Viable Product) vor. Wenn Sie ihn zu mindestens 80 Prozent durchdacht haben, legen Sie einfach los. Bedenken Sie dabei stets: Perfektionismus ist eine Schwäche, keine Stärke!

Sie können ähnlich wie Softwarehersteller oder Telefonhersteller eine Version 1.0, 2.0, 3.0 etc. von dem Prozess erstellen. Je mehr Erfahrungen Sie sammeln und je mehr Fehler Sie machen und aus ihnen lernen, desto besser und robuster wird Ihr Prozess.

Wichtig ist nur, dass Sie diesen Prozess kontinuierlich verbessern und dass es bestimmte Personen gibt – und zwar aus beiden Vertriebssparten –, die diesen überwachen.

 

Herzlichen Gruß

Ihr Alexander Nowroth

Was denken Sie dazu?